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ProCHIP Das Online-Magazin der Initiative Deutsche Zahlungssysteme e. V. // 2024

Trendblick Handel und Zahlung


Wie smarte
Technologien
das
Einkaufserlebnis
verändern

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Künstliche Intelligenz (KI) ist die Zukunft? Nicht nur. Sie ist längst Teil unseres Alltags. Sei es die KI-gestützte Analyse großer Datenmengen, ein Chatbot, der im Kundenservice Erstanfragen annimmt, oder der Sprachassistent auf dem Smartphone. Doch gerade im Handel gibt es noch viel Potential, mit KI Prozesse zu optimieren, den Service zu verbessern – und letztlich bessere Einkaufserlebnisse zu schaffen, sowohl online als auch offline.

„Künstliche Intelligenz ist eine Chance für den Einzelhandel und immer mehr Unternehmen erkennen ihr Potential. Obwohl rund zwei Drittel die Technologie noch nicht nutzen, ist ihre Zukunft groß. Die größten Hürden liegen für den Einzelhandel in der Sorge um Komplexität und in den Kosten, nicht an mangelndem Interesse“, sagt Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim HDE.

Dem gegenüber stehen kritische Stimmen, die KI skeptisch bis ablehnend betrachten. Zu Recht? Die EU plant aktuell, Künstliche Intelligenz (englisch „artificial intelligence“, AI) gesetzlich zu regulieren: Mit dem sogenannten AI Act verfolgt der EU-Gesetzgeber einen risikobasierten Ansatz, der in ähnlicher Weise bereits in der Regulierung des Datenschutzes angewendet wurde. Er identifiziert unterschiedliche Risikostufen, von „inakzeptablem Risiko“ bis zu „begrenztem Risiko“. Am 13. März 2024 hat das EU-Parlament als letzte zustimmungspflichtige Instanz den AI Act verabschiedet. Jetzt haben die Unternehmen 24 Monate Zeit, bis es zur Anwendung kommt.

„Besonders kritische Anwendungen, wie die kognitive Verhaltensmanipulation von Menschen oder bestimmte Formen biometrischer Identifikation, werden in der aktuellen Fassung des AI Act als inakzeptables Risiko betrachtet und sollen laut EU-Parlament verboten werden. Die EU unterstreicht damit die Notwendigkeit, KI verantwortungsbewusst einzusetzen, um positive Auswirkungen zu maximieren und negative Konsequenzen zu minimieren. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Intention der EU erfüllt“, erläutert Rainer Bauer, Volljurist bei EURO Kartensysteme.

Künstliche Intelligenz – zum Anfassen im Geschäft

Klassische Einkaufserlebnisse im Laden vor Ort bleiben relevant. Doch Künstliche Intelligenz kann dem Online-Handel helfen, bisherige Nachteile auszugleichen. Es liegt am Handel, KI-Technologien zu nutzen, um Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Schon heute sind die Möglichkeiten vielfältig.

Smarte Preisgestaltung für ein optimiertes Einkaufserlebnis

KI spielt ihr Potential voll aus, wenn es darum geht, große Datenmengen schnell zu analysieren und daraus Handlungen abzuleiten. Sie kann Kundendaten analysieren, das Kaufverhalten entschlüsseln und Erkenntnisse mit der wirtschaftlichen Situation, Wetterdaten und anderen Trends verknüpfen, aber auch mit Markt-, Umwelt- und Wettbewerbsdaten. Preise lassen sich auf dieser Basis automatisch und in Echtzeit anpassen. Diese Analyse ermöglicht beispielsweise Lagerfläche für saisonale Verkäufe und Bestandskosten einzusparen, weil klar ist, wie viele Produkte zu welchem Zeitpunkt benötigt werden. Ähnliches gilt für das Sortiment im Geschäft selbst: Das von Kund:innen gewünschte Produkt muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu finden sein – und zwar genau dort, wo es gesucht wird.

Optimierter Kundenservice durch intelligente Personalplanung

Das Einkaufsverhalten lässt für KI-Systeme nicht nur Rückschlüsse auf die Produktplanung und Preisgestaltung zu, sondern auch auf den Personalbedarf. Wie viel Personal wird in welchen Bereichen zu welchem Zeitpunkt benötigt? Das hilft, vorhandene Personalressourcen zielgerichtet einzusetzen, auch bei starkem Kundenandrang hohe Servicequalität zu bieten und Warteschlangen kurz zu halten. Es ermöglicht aber auch langfristig eine zielgenaue Personalplanung.

Müheloses Einkaufen dank „Just walk out“-Konzepten

Self-Check-Outs sind im Einzelhandel auf dem Vormarsch. Sie ermöglichen Einkaufskonzepte mit reduziertem Personalbedarf, aber auch zielgerichteteren Einsatz von Mitarbeitenden etwa für die Beratung. Dennoch müssen Kund:innen häufig am Ende ihres Einkaufs alle Produkte scannen und bezahlen. Eine weiterentwickelte Form sind „Just walk out“-Konzepte: Besucher:innen registrieren sich beim Betreten des Ladens mit dem Smartphone oder über einen QR-Code. Soft- und Hardwareausstattung mit Sensoren, Lichtschranken und Kameras registriert, welche Person welche Produkte einpackt oder zurück ins Regal legt. Wenn diese das Geschäft verlässt, wird der virtuelle Einkaufswagen automatisch online bezahlt.

KI im E-Commerce: die Revolution des Kundenerlebnisses

ChatGPT hat KI an die breite Masse gebracht: Binnen weniger Tage erzielte die Plattform mehr als eine Million Nutzer:innen. Nach nur zwei Monaten waren es bereits 100 Millionen. Zum Vergleich: Auf Platz zwei der beliebtesten Apps steht derzeit TikTok, das die 100-Millionen-Marke nach neun Monaten erreichte, Instagram benötigte sogar 30 Monate. Im Internet mit seinen Datenmengen findet KI ihr natürliches Zuhause, das Online-Händler für sich nutzen müssen, um langfristig am Markt zu bestehen. Ob Maschinen, Kund:innen, Sicherheitsrisiken oder Lagerbestände: KI kann aus Mustern und Auffälligkeiten in Datenmengen Prognosen ableiten, die auch im E-Commerce helfen:

Kundenservice 2.0 durch intelligente Chatbots

Wo der persönliche Kontakt fehlt, können Chatbots Servicequalität bieten, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Auch komplexere Fragen sind durch Weiterentwicklungen in der generativen KI für Chatbots zu bewerkstelligen. Gerät die KI jedoch an ihre Grenzen, gehört zum guten Service auch ein nahtloser Übergang zu Mitarbeitenden.

Personalisierte Empfehlungen revolutionieren das Einkaufserlebnis

Personalisiertes Marketing ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal im E-Commerce. Wie im stationären Handel analysieren KI-Tools Kundendaten, um Rückschlüsse auf Kaufverhalten und Produktpräferenzen zu ziehen. Online ermöglicht das individuelle Produktempfehlungen, damit Kund:innen sehr schnell genau die Produkte finden, die sie suchen – und bestenfalls auch direkt kaufen.

Mehr Sicherheit im Online-Shopping

Wo Kund:innen im Geschäft selbst auf ihr Portemonnaie achten müssen, ist es der Online-Shop, der Kundendaten schützen, Hackerangriffe verhindern und Viren stoppen muss. All das manuell zu überwachen, ist für eine IT-Abteilung unmöglich. Der Verlust wertvoller Kundendaten verursacht nicht nur hohe Schäden und immense Kosten, sondern auch einen großen Imageverlust. KI erkennt Auffälligkeiten und informiert die IT frühzeitig über Schwachstellen.

Künstliche Intelligenz ist im Handel nicht nur ein Schlagwort, sondern eine transformative Kraft, die das Einkaufserlebnis und die Effizienz revolutioniert. Unbestritten ist, dass ihr Potenzial nicht nur im E-Commerce, sondern auch im stationären Handel immer deutlicher wird. Diese Entwicklung ist noch lange nicht am Ende – sie hat gerade erst begonnen.

Die Integration von KI-Technologien wird den Handel weiter prägen, neue Wege für Innovation und Wachstum eröffnen und mit über den Erfolg von Unternehmen entscheiden.