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ProCHIP Das Online-Magazin der Initiative Deutsche Zahlungssysteme e. V. // 2024

Zahlungsverkehr in Europa – Chancen und Herausforderungen


Gesetze im Blick
Die Zukunft des Finanzsektors

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In einer Welt, die zunehmend von digitalen Innovationen geprägt ist, befindet sich auch der Finanzsektor im stetigen Wandel. Gesetzgebungen im Bereich der Finanzdienstleistungen und des Zahlungsverkehrs spielen eine entscheidende Rolle, um den Anforderungen einer modernen Gesellschaft gerecht zu werden. Wie steht es um den digitalen Euro, was passiert beim Thema Sofortüberweisung und wohin geht es mit dem aufstrebenden Trend des Open Banking? Diese Entwicklungen versprechen nicht nur eine effizientere Abwicklung von Finanztransaktionen, sondern legen auch den Grundstein für eine besser vernetzte und digitalisierte Finanzlandschaft.

1. Der digitale Euro

Der aktuelle Digitalisierungsdiskurs lässt den Zahlungsverkehr nicht unberührt – insbesondere bei der Frage, welche Akteure sich am europäischen Markt in den Wettbewerb einbringen. Denn eine zentrale Herausforderung für den europäischen Zahlungsverkehrsmarkt ist die Marktmacht internationaler Zahlungsdienstleister. Um den Zahlungsverkehrsmarkt im paneuropäischen Raum zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit auszubauen, arbeitet die Europäische Zentralbank an der Gestaltung eines digitalen Euro als digitale Zentralbankwährung. Der digitale Euro soll als Ergänzung zum Euro-Bargeld für die Ende 2023 beschlossene, umfassende Verpflichtung von Sofortzahlungen sowie für die Entwicklung gesamteuropäischer Zahlungslösungen im Allgemeinen von entscheidender Bedeutung sein.

Die EU-Kommission hat deshalb im vergangenen Sommer einen Gesetzgebungsvorschlag veröffentlicht, wonach Banken und Zahlungsdienstleister den digitalen Euro in der gesamten EU verpflichtend bereitstellen sollen. Eine Annahme des digitalen Euro ist aktuell verpflichtend vorgesehen. Ausnahmen sollen lediglich für kleinere Händler gelten. Der digitale Euro soll private Angebote, wie Karten und Apps, mit den Funktionen einer digitalen Geldbörse, die zum Beispiel als App über das Smartphone verwendet werden kann, ergänzen. Dabei soll er online wie auch offline verfügbar sein. Da die Einführung des digitalen Euro große Auswirkungen für Wirtschaft und Gesellschaft mit sich bringen wird, fordern betroffene Akteure eine transparente und offene Diskussion zur konkreten Ausgestaltung. Der digitale Euro wird im aktuellen Zahlungsverkehrsmarkt vor allem dann einen echten Mehrwert schaffen, wenn er als sinnvolle Ergänzung zu bereits bestehenden Zahlungsangeboten konzipiert wird. Der Euro als Zentralbankgeld könnte bis 2028 in elektronischer Form verfügbar sein.

2. Instant Payments

Die lang erwartete Verpflichtung für Banken und Zahlungsdienstleister, Sofortüberweisungen anzubieten, kommt. Bisher machten Sofortüberweisungen lediglich einen überschaubaren Anteil am Zahlungsverkehr aus. Das soll sich mit den neuen regulatorischen Vorgaben der Europäischen Union, die eine verpflichtende Einführung von Sofortüberweisungen vorsehen, nun ändern. Sofortüberweisungen sollen damit zu einer flächendeckenden Lösung und dem „new normal“ werden. Demnach soll Geld innerhalb von nur zehn Sekunden überwiesen werden können – unabhängig von Uhrzeit oder Land der Zahlungsempfänger:innen. Außerdem dürfen Banken und Zahlungsdienstleister für die Sofortüberweisung keine höheren Gebühren als für Standardüberweisungen verlangen. Dass die Technik wegweisend für die Zukunft des europäischen Zahlungsverkehrsmarktes ist, darüber sind sich Expert:innen einig. Nicht zuletzt deswegen sollen Sofortüberweisungen unter anderem auch das technische Fundament für zukünftige Zahlungsmittel wie wero der European Payment Initiative (EPI) oder den digitalen Euro darstellen.

3. Die europäische digitale Identität

Ende Februar 2024 einigten sich EU-Parlament, EU-Kommission und der Rat der EU über die Novellierung der Verordnung zur digitalen europäischen Identität (eIDAS-Verordnung). Die digitale Identität (eID) soll in einem sogenannten EUid-Wallet hinterlegt werden können. EUid-Wallets sind elektronische Geldbörsen, die es ermöglichen, Ausweisdokumente digital zu speichern. So können sich Nutzer:innen sowohl online als auch offline authentifizieren – beispielsweise bei Arztbesuchen oder bei der Notwendigkeit einer Altersverifikation. Außerdem sollen EUid-Wallets Nutzer:innen zukünftig auch Zahlungen im E-Commerce oder mit dem digitalen Euro ermöglichen.

Neben den positiven Aspekten, wie etwa einer erhöhten Benutzungsfreundlichkeit, gibt es bei dem Vorhaben auch kritische Aspekte, die Beachtung finden müssen. Die Verknüpfung von Wallets mit digitalen Identitäten bringt auch Datenschutzbedenken mit sich. Es muss sichergestellt werden, dass Zahlungsdaten und persönliche Informationen der Nutzer:innen ausreichend geschützt sind. Um EU-übergreifend eine konsistente Anwendung garantieren zu können, müssen darüber hinaus universell geltende Standards für die eID und die Wallet-Integration festgelegt werden. Die tatsächlichen Auswirkungen hängen jedoch stark von der Implementierung und der Art der Wallet-Integration ab.

Auf Bundesebene beschäftigt sich aktuell das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) mit der Konzeption eines Gesamtsystems für digitale Identitäten. Denn neben den oben genannten Aspekten ist eine stetige Evaluation hinsichtlich Kosten und Aufwand notwendig. Für private Unternehmen kann die Umsetzung der Verordnung eine größere Herausforderung sein, da sie bisher keinen hoheitlichen Identifizierungsprozessen innerhalb ihrer Services unterliegen. Entscheidend wird sein, wie das Konzept des BMI aussehen wird.

4. Open Finance: Der Vorschlag zur PSD3 ist da

In den vergangenen Jahren hat sich der Markt für Zahlungsdienstleistungen stark verändert: Elektronische Zahlungen haben zugenommen, neue Marktteilnehmende sind auf den Markt getreten und neue Zahlungsdienstleistungen haben sich entwickelt – insbesondere Dienstleistungen im Bereich des offenen Bankwesens. Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission vorgeschlagen, die „Zweite Zahlungsdiensterichtlinie“ (PSD2) zu aktualisieren und in eine „Verordnung über Zahlungsdienstleistungen“ (PSR) umzuwandeln. Damit wird ein Großteil der bisher in der PSD2 enthaltenen Regeln zu Transparenz- und Informationspflichten für Zahlungsdienstleister sowie Rechten und Pflichten von Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstnutzer:innen in die PSR überführt. Aspekte aus der PSD2, die sich auf nationales Recht beziehen, werden in der „Dritten Zahlungsdiensterichtlinie“ (PSD3) zusammengefasst. Dies betrifft unter anderem die Zulassung und Beaufsichtigung von Zahlungsinstituten. Bei den Änderungen geht es insbesondere um die Bekämpfung von Zahlungsbetrug, verbesserte Rechte für Verbraucher:innen, die Angleichung der Wettbewerbsbedingungen zwischen Banken und Nichtbanken, eine verbesserte Funktionsweise des offenen Bankwesens sowie eine bessere Verfügbarkeit von Bargeld. Ein Kernstück der Überarbeitung ist eine Vereinfachung bei der starken Kundenauthentifizierung. Banken wenden die Authentifizierung nur beim ersten Zugriff auf Zahlungskontodaten an und danach nur jeweils 180 Tage nach der letzten Authentifizierung. Nach der Veröffentlichung der Gesetzesvorhaben sind nun EU-Parlament und EU-Rat aufgefordert, sich auf eine Positionierung zu einigen. Expert:innen gehen davon aus, dass die endgültigen Fassungen Ende 2024 vorliegen könnten.

Politische Forderungen: Die Zukunft bargeldloser Bezahlverfahren

Die Initiative beobachtet aktuelle Trends und Entwicklungen und greift diese auf, um sich für einen technologischen Fortschritt bei Bezahlverfahren einzusetzen. Die Verbreitung bargeldloser Zahlungssysteme hat das Potential, die Digitalisierung in Deutschland und der EU zu befördern und den Alltag der Menschen zu erleichtern. Damit dies gelingt, müssen der deutsche und europäische Gesetzgeber die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.

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