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ProCHIP Das Online-Magazin der Initiative Deutsche Zahlungssysteme e. V. // 2024

Trendblick Handel und Zahlung


Plastik ade?
Womit wird in
Zukunft bezahlt?

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Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, doch im Kern geht es darum, dass wir als Gesellschaft Bedürfnisse so erfüllen, dass auch nachfolgenden Generationen diese Möglichkeit erhalten bleibt. Auch Banken und Sparkassen sind dabei wichtige Akteure. Etwa bei der Finanzierung nachhaltiger Projekte, dem Umgang mit Ressourcen in den eigenen Filialen, aber auch bei Bezahlkarten. Denn mit rund 160 Millionen Debit- und Kreditkarten, die allein in Deutschland laut EZB (Stand 2021) ausgegeben sind, ließe sich aneinandergereiht eine Strecke von Island bis zu den Falklandinseln abdecken.

BEZAHLKARTEN VON HEUTE

95 Prozent aller Bezahlkarten weltweit bestehen aktuell aus Plastik beziehungsweise PVC (Polyvinylchlorid), das explizit für diese Karten produziert wird. Dafür werden fünf Kunststoffschichten übereinandergelegt, dazu kommen ein Chip, eine Antenne für die Datenübertragung bei kontaktloser Zahlung und meist ein Magnetstreifen sowie der Unterschriftsstreifen.

Diese Karte, die so leicht und bequem in der Hand liegt, ist in Summe eine nicht zu unterschätzende Plastikansammlung. Wie geht das nachhaltiger, ohne auf Komfort oder Robustheit der Karte zu verzichten?

Es liegt nahe, PVC durch eine zukunftsträchtige Alternative zu ersetzen. Doch diese Alternative muss erst auf Herz und Nieren geprüft werden. Denn so eine Karte muss einiges aushalten: Im Schnitt wird sie während ihrer vierjährigen Lebensdauer rund 600-mal benutzt. Sogenannte Heavy User zücken ihre Karte im gleichen Zeitraum sogar mehr als 800-mal.

BELASTUNGSPROBE ALLTAG

Bei jedem Stecken nutzt sich die Karte ein kleines bisschen ab. Auch beim kontaktlosen Bezahlen, beim Tappen, wird sie jedes Mal ein wenig gebogen. Stärker noch, wenn sie im Portemonnaie in der Hosentasche steckt. PVC-Karten halten in der Regel aber die vollen vier Jahre Stand.

Ob das auch bei alternativen Materialien der Fall sein kann, zeigen spezielle Tests: die Torsionsprüfung (Verdrehen der Karte), die Biegeprüfung, die Alterssimulation im Klimaschrank und der Corner-Impact-Test.

Alltags-tests

DIE TORSIONSPRÜFUNG

DIE BIEGEPRÜFUNG

DIE ALTERSSIMULATION

DER CORNER-IMPACT-TEST

UMWELTSCHUTZ EINGEBAUT

Die Aussichten sind gut. So gibt es bereits Erfahrungen mit Karten aus 100 Prozent recyceltem PVC (rPVC). Hier kann im Vergleich zu herkömmlichen Karten ca. 12 Prozent an CO2 innerhalb der Kartenproduktion eingespart werden. Auch wenn für die Aufbereitung chemische Prozesse nötig sind, ist die Wiederverwertung ein großer Schritt: Das Plastik war vorher schon anderweitig in Verwendung und muss nicht neu produziert werden.

DG Nexolution stellt für die Genossenschaftsbanken bereits seit vielen Jahren Karten aus alternativen Materialien bereit. Im Jahr 2023 wurden die Kreditkarten bereits auf rPVC bzw. PLA umgestellt. Im Jahr 2024 wird die überwiegende Anzahl der girocards aus rPVC hergestellt. Das sind etwa sieben bis acht Millionen girocards und zwei Millionen Kreditkarten.

Die Sparkassen-Finanzgruppe setzt seit diesem Jahr ebenfalls auf die Herstellung von Debit- und Kreditkarten aus rPVC. Das gesamte Kartenportfolio wird ab Ende des 1. Quartals 2024 schrittweise im Rahmen des regulären Kartentauschs auf mindestens 85 Prozent recyceltes PVC umgestellt.

Eine Alternative zu PVC ist der sogenannte Biokunststoff PLA (Polylactide). Er besteht zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen, häufig aus Maisstärke, und ist damit deutlich umweltfreundlicher. Bei dem verwendeten Mais handelt es sich um „Ausschussware“, die nicht für die Nahrungsmittel- und Futterproduktion geeignet ist. Auch wenn der CO2 -Fußabdruck des Transportweges von Kanada über Asien nach Deutschland sehr schlecht ist, können gegenüber PVC noch immer 20 Prozent an CO2 eingespart werden.

Eine echte Alternative ist die sogenannte Ocean-Plastic-Karte. Die Organisation Parley for the Oceans sammelt Plastik in Küstenregionen und aus Gewässern. Da der gesammelte Kunststoff durch Sonne und Wasser stark beansprucht wurde, muss ihm recycelter Kunststoff beigemischt werden, um langlebige und widerstandsfähige Karten herzustellen.

ABKEHR VOM KUNSTSTOFF

Ein wirklicher Umbruch kann aus der Natur kommen: Die DG Nexolution entwickelt und vertreibt gemeinsam mit der Swiss Wood Solutions AG über das eigens gegründete Tochterunternehmen Copecto GmbH eine komplett plastikfreie Holzkarte. Neben dem Hauptbestandteil Holz sind nur noch Chip, Magnetstreifen und Antenne aus verschiedenen nicht abbaubaren Materialien nötig. Verklebt werden die Schichten mit einem Bioklebstoff. Die Bearbeitung des Holzes, aus dem die Karte hergestellt wird, ist zum Patent angemeldet. Die TIMBERCARD® zählt damit zu den nachhaltigsten Kartenprodukten in Deutschland.

„Unser Ziel ist es, stets besser und nachhaltiger zu werden. Mit der Holzkarte sind wir auf einem sehr guten Weg. Der Körper der Karte ist komplett nachhaltig und biologisch abbaubar. Dennoch müssen Chip, Magnetstreifen und Antenne über den Elektroschrott entsorgt werden. Für das Recycling wäre eine Materialtrennung notwendig, was derzeit noch nicht ohne weiteres möglich, aber in der Entwicklung ist“, sagt Marco Rummer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DG Nexolution.

Für wirkliche Nachhaltigkeit ist zudem in Richtung Lieferkette zu denken: CO2-neutrale Produktion bei Vorlieferanten, erneuerbare Energien wie Photovoltaik im gesamten Produktionsprozess und vieles mehr.

Denn Nachhaltigkeit ist keine Einzelmaßnahme, sie lebt als Grundsatz in allen Bereichen. Sie funktioniert genau dann, wenn sie zum Maßstab und Ziel allen Wirtschaftens erhoben wird. Und doch sind es am Ende die Einzelmaßnahmen, auf die es ankommt.