Politik
Gesetze im Blick Europas neuer Fahrplan
Sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene laufen derzeit wegweisende regulatorische Entwicklungen, die den Zahlungsverkehr maßgeblich verändern werden. Die Europäische Union (EU) arbeitet dabei an mehreren Bausteinen: Die Entstehung des digitalen Euros, die Einführung der EU-Digital-ID-Wallet und die grundlegende Erneuerung von zentralen Zahlungsregulierungen. In Deutschland hat die neue Bundesregierung sich zudem ein ambitioniertes Ziel gesteckt: Es soll eine Zahlungslandschaft mit „echter Wahlfreiheit“ für Bürger:innen entstehen.
1.Der digitale Euro – Infrastruktur statt Konkurrenz
Die Europäische Zentralbank (EZB) treibt die Umsetzung des digitalen Euros intensiv voran. Fünf private Anbieter unterstützen bei der Entwicklung wichtiger Komponenten – von Betrugsprävention über App-Entwicklung bis zu Offline-Lösungen. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat arbeiten außerdem am erforderlichen gesetzlichen Rahmen und streben einen Abschluss für 2026 an. Dabei wird aktuell intensiv über die konkrete Ausgestaltung diskutiert. Das Parlament äußert beispielsweise Bedenken, ob der digitale Euro private Systeme verdrängen könnte. Die EZB hingegen betont, der digitale Euro solle als Infrastruktur dienen, auf der Unternehmen aufbauen können – nicht als Konkurrenz, sondern als Fundament. Diese und weitere offene Punkte müssen für eine erfolgreiche Implementierung geklärt werden. Vor 2028 ist daher nach aktueller Einschätzung kaum mit einem Start des digitalen Euros zu rechnen.
2.Instant Payments in der EU
Seit dem 9. Oktober 2025 müssen Banken im Euroraum den Namen der Empfängerin oder des Empfängers einer Zahlung mit der Kontonummer für alle Überweisungen abgleichen. Das sogenannte „Verification of Payee“-System ist Teil der Instant-Payments-Regulation der EU und soll Betrug und Fehlüberweisungen verhindern. Es gilt sowohl für traditionelle Überweisungen als auch für Sofortüberweisungen. Diese Maßnahme stärkt das Vertrauen in Instant-Zahlungen, die in Europa immer beliebter werden. Durch die Regulierung erhalten auch Nicht-Bank-Anbieter Zugang zu Zahlungssystemen, was den Wettbewerb fördert und die Abhängigkeit von Banken verringert. Zusätzlich prüfen die EZB und die Schweizer Nationalbank derzeit, ihre Instant-Zahlungssysteme zu verbinden. Dadurch sollen grenzüberschreitende Zahlungen schneller und günstiger werden.
3.EU-Digital-ID-Wallet im Aufwind
Die digitale Geldbörse für die gesamte EU wird bald Realität: Im Oktober erhöhte die Europäische Kommission die Mittel im Arbeitsprogramm 2025–2027 „Digitales Europa“, um die Einführung des EU-Digital-ID-Wallets und verwandter Projekte zu beschleunigen. Das Wallet soll es Nutzer:innen ermöglichen, sicher auf Online-Dienste zuzugreifen, digitale Dokumente zu speichern und zu teilen sowie rechtsverbindliche Unterschriften zu leisten. Sie wird im Einklang mit der seit Mai 2024 geltenden eIDAS 2.0-Verordnung eingeführt, die einen europaweiten Rahmen für digitale Identitäten schafft. Alle Mitgliedstaaten müssen bis Ende 2026 ein nationales, EU-kompatibles System implementieren. Das Ziel dahinter ist Interoperabilität: Überall in Europa sollte die digitale Identität funktionieren.
4.PSR/PSD3 – neue Regeln für mehr Transparenz
Die EU überarbeitet ihre Zahlungsregeln durch zwei Gesetzesvorgänge: die geplante Verordnung über Zahlungsdienste (PSR) und die PSD3-Richtlinie. Zusammen sollen die Regulierungen das europäische Zahlungssysteme robuster und fairer machen. Das Europäische Parlament fordert stärkeren Verbraucherschutz: transparentere Gebührenoffenlegung, bessere Betrugsprävention und ein Verbot von Zusatzgebühren. Die Mitgliedstaaten hingegen wünschen sich mehr Flexibilität, um Zahlungsdienstleister nicht zu überlasten. Im Fokus steht dabei die Transparenz: Neue Regeln werden Kartensysteme verpflichten, alle Gebühren gegenüber Banken und Handel offenzulegen. Das Parlament strebt darüber hinaus harmonisierte Ausgabenlimits, strengere Vorschriften für das Blockieren verdächtiger Zahlungen und schnellere Rückerstattungen bei Betrug an. Der Europäische Rat plädiert für einen risikobasierten Ansatz. Mit einem Abschluss des legislativen Verfahrens ist noch vor Ende der dänischen Ratspräsidentschaft in diesem Jahr zu rechnen.
5.Echte Wahlfreiheit im deutschen Zahlungsverkehr
Parallel zu den europäischen Entwicklungen setzt Deutschland eigene Schwerpunkte: Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, dass sie sich für „echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr“ einsetzen will. Konkret bedeutet das: Unternehmen und Dienstleister:innen sollen grundsätzlich Bargeld und mindestens eine digitale Zahlungsoption schrittweise anbieten. Mit der Verankerung dieser Zielformulierung setzen sich die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD ein ambitioniertes Ziel für die Legislaturperiode bis 2029. Wie genau die Bundesregierung das Vorhaben angehen wird, bleibt abzuwarten. In einer aktuellen Antwort auf eine Kleine Anfrage gab die Bundesregierung bekannt, dass regierungsinterne Überlegungen laufen – mit dem Anspruch, Wahlfreiheit ressourcenschonend und bürokratiearm umzusetzen.
Lesen Sie zu diesem Thema auch den Gastbeitrag von Michael Schrodi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen.
Fazit: Ein regulatorisches Fundament für die Zukunft
Von Brüssel bis Berlin wird an einer modernen, transparenten und unabhängigen Zahlungslandschaft gebaut. Ob digitaler Euro, Instant Payments oder digitale Identität: Jede dieser regulatorischen Entwicklungen wird die Zahlungsverkehrslandschaft von morgen maßgeblich prägen. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie diese ambitionierten Pläne in die Realität umgesetzt werden.